Reisegeschichten faszinieren. Die Medien sind Meister, uns von einem Ende der Welt zum andern zu jagen, erzählen täglich über die Weltgeschichte wie von einem spannenden Krimi mit Fortsetzung. Jeder fiebert auf seine Art mit, welchen Schachzug nun der eine oder andere Kriegsherr im grossen Gewinn- und Verlierspiel auf der Weltkarte tut. Wir verhalten uns wie Gläubige die dem Vorgesetzen folgen, ereifern, identifizieren uns, lehnen ab… Nicht, dass wir uns dadurch beruhigen oder besser wissen wo die Reise weitergeht. Im Gegenteil ist es oft ein aufreibender Kampf um die Wahrheitsfindung inmitten von Meinungen und Richtungen.

Auf unserer Lebensreise gibt es auch andere Reiseberichte, die wir in den alten Schriften und Überlieferungen finden. Auch wenn sie genauso abenteuerlich wie unsere Medienberichte klingen, so bauen sie im Gegensatz zu jenen auf einer übergeordneten Wahrheit und einer Logik auf, bringen Klarheit und Orientierung für den Lebensweg. Geschichten sind oft verschlüsselt, sprechen eine eigene Sprache, die genauso gelernt werden muss wie eine Fremdsprache.

Ich lade dich nun auf einen kleinen Ausflug von Golgatha nach Damaskus ein. Wir beginnen in

Golgatha  –  Du begegnest hier etwas, das dich erschüttern könnte. Wir treffen sofort auf den Tod von Jesus der inzwischen ganz im Christusbewusstsein aufgegangen ist. Sein Körper ist durch und durch vergeistigt, frei von vergangen Erfahrungen, frei von Prägungen durch das Blut. Die Volksweisheit drückt das treffend aus mit: «etwas ist in Fleisch und Blut übergegangen». Mit ihm starben die alten Weltanschauungen, die alten Erfahrungen.

Auf der Erde hat er in einem menschlichen Körper alles durchgemacht, was ein Mensch erleben kann. Selbst durch den Tod begleitet er uns Menschen bis ins Jenseits. Er erhellte den Tod, der bis anhin als ein Schreck, als etwas Unbekanntes und Dunkles wahrgenommen wurde. Durch seinen eigenen Tod segnete er diesen Übergang von der irdischen in die geistige Welt mit dem Christuslicht. Fortan wirkt der Christussamen auch in jedem verstorbenen Körper.

Sein Körper, der der Erde übergeben wird, vereinigt sich mit dem Planeten Erde. Der durch und durch vergeistigte, verchristete Körper und das Blut von Jesus segnete nun auch die Erde mit dem Christusimpuls. Jede Pflanze, jedes Lebewesen, alle Elemente tragen nun den Christussamen in sich. Seit seinem Tod wirkt Christus auf der ganzen Erde. Mit allem was wir in Berührung kommen, berührend wir auch den Christusgeist selbst. Das Alte stirbt ganz und gar ab und das Neue spriesst aus dem Alten hervor. So lässt sich das Golgatha-Ereignis als ein gesamtplanetarisches Ereignis verstehen, unabhängig von jeglicher Kultur oder Religion.


Reflektion: Was willst du für Samen, was für Blüten auf der Erde hinterlassen?

Ostern –  Drei Tage später kommen wir auf unserer Reise hier an.
Wir erreichen diesen Ort am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond. Die Auferstehung zeigt dem Menschen, dass das Leben weiter geht. Durch Christus strahlt der neue, der geistige Körper. Es hat eine Erneuerung stattgefunden. Ein neuer Zyklus mit anderen Voraussetzungen beginnt.


Reflektion: Erinnere dich an eine Krise, die du überwunden, eine Erfahrung die du gemacht, eine Entscheidung die du getroffen hast… und daraus gereifter hervorgegangen bist, das Leben nicht mehr war wie es vorher war. Kannst du die innere Kraft spüren, die dich geleitet hat?


Wir pilgern 40 Tage weiter und erreichen den Ort der

Himmelfahrt  –  Die Himmelfahrt ist das was wir beim menschlichen Tod als das Hinübergehen in die geistigen Welten ansehen. Als Menschen verlassen wir die Erde, lassen den Körper hier, gleiten hinüber, um einen Platz im Himmel/der geistigen Welt einzunehmen. Christus ging den umgekehrten Weg. Er verliess den Himmel, um seinen Wohnplatz mit der Erde zu vertauschen. Hier lebte er innigst verbunden mit der Menschheit. Sein geistiger Impuls sollte aber nie das sich entwickelnde Ich-Bewusstsein der Menschen vernebeln oder den Freien Willen beschränken. Deshalb war es notwendig, dass er sich als lebender geistiger Führer von der Menschheit trennte.

Die Apostel erlebten eine grosse Verunsicherung und Trauer als Jesus Christus vor ihren Augen aufstieg. Dadurch, dass er sich nicht mehr im menschlichen Körper unter ihnen auf der Erde bewegte, musste es ihnen vorkommen, als ob auch der Christusgeist nicht mehr anwesend wäre. Gleichzeitig geschah ein frei-werden, ein unabhängig-werden von ihrem Meister. Diese Freiheit warf sie zurück auf ihr eigenes Wesen, auf ihr eigenes Ich. Dieses tiefe Seelenleid und der Verlust bereitete sie auf das Pfingstmysterium vor.

Aus dem eigenen Leben können wir nachvollziehen, wie schmerzhaft ein Verlust von einem Menschen der wichtig und wertvoll für uns war, ist. Wir sind verunsichert oder fühlen uns alleingelassen. Intuitiv spüren wir aber, dass etwas Wichtiges passiert, damit wir im Leben weiterkommen, unabhängig und reifer werden. Wir haben erfahren, dass wirkliche tiefe Erkenntnis aus der Trauer, aus dem Schmerz, aus dem Leid heraus geboren wird.


Reflektion: Erinnere dich an eine Situation, wo du dich verlassen fühltest, ausgeliefert, wo du tief traurig, verunsichert oder auch wütend warst. Wie bist du da herausgekommen? Was hat dir geholfen? Kannst du die Kraft in dir spüren, die dich überleben liess, die Er-Lösung brachte?

Die Reise dauert nun etwas länger, 50 Tage, bis wir bei

Pfingsten  –  ankommen. Verlassen und voller Angst haben sich die Apostel versteckt und eingeschlossen, fühlten sich allein ohne ihren Meister. Im Reiseführer wird beschrieben wie Feuerflammen über den Aposteln erschienen, durch die der Heilige Geist, der Christusgeist, in sie eingeflösst wurde. Gleichzeitig entfaltete sich in ihnen die Fähigkeit, so zu sprechen, dass sie die Herzen aller Menschen berühren konnten. Die allesverbindende Herzsprache, die Liebe wurde in ihnen geweckt.

Der Christus-Impuls wie er durch Jesus verkörpert wurde hat sich aufgelöst und ist in den 12 Aposteln wieder aufgetaucht. Jeder der 12 repräsentiert ganz bestimmte seelisch-geistige Kräfte durch die der Christus auf seine eigene Art wirkt. Das heisst für uns, lernen und üben wahrzunehmen, auf welche Art das Christusbewusstsein sich in unseren Mitmenschen, in Kulturen, Zeitaltern… ausdrückt.

Das Christusbewusstsein ist vollkommen unabhängig und frei von der irdischen Gebundenheit mit der blutsverwandten Familie, der Sippe, einem Volk, Kultur oder Religion wie auch von einem sozialen Status, Einkommen oder Bildung. An Pfingsten passierte die bewusste Geburt des neuen Menschen in den geistigen Stamm. Wir erkennen den Satz: «der Vater und ich sind eins».

Seit dem Pfingstereignis verbindet die gemeinsame Wahrheit, der gemeinsame Stamm, die verschiedenen Iche und Völker. Neue, freie Gemeinschaften können entstehen. Die irdisch gebundenen Gemeinschaften verlieren an Bedeutung. Wir sind nicht mehr als einzelne Seele unterwegs, sondern als Gruppenseele, in der alle unterschiedslos eingebettet sind. Der Weg ist bereitet, damit wir zu einer gemeinschaftlichen Kultur und Gesellschaft wachsen, die die Herzen in der höheren Weisheit verankert haben.

Wie die Sonne, die für alle scheint, ist der Christusimpuls allen zugänglich und keinesfalls an eine Konfession gebunden. Er ist ein Weltgeschehen. Der geistige Weg steht allen offen und er kann jederzeit begangen werden. Es braucht kein Studium dafür. Klar ist, dass es Lebensbedingungen gibt, die mehr förderlich als andere sind.

Heute erfahren wir, wie die festen blutsverwandten Banden der Familie an Bedeutung verlieren und sich lockern. Menschen vereinen sich in Interessens-, Arbeits-, oder seelenverwandten Gruppen. Patchwork-Familien, WGs, Mehrgenerationen-Wohnen, Teamarbeit, Nationalitäten und Religionszugehörigkeiten spielen nicht mehr diese Rolle wie früher, der Mensch als Mensch zählt… Die Beziehungen zur blutsverwandten Familie bleiben trotzdem genau so innig bestehen.


Reflektion: Auf welche Art siehst, empfindest, riechst, hörst, schmeckst du deine Lichtflamme? Kannst du sie auch in einem Freund, deinem Kind, einem Fremden, jemanden den du nicht magst, einem Kriminellen erkennen? Kannst du sie in einer Pflanze, einem Tier, einem Stein sehen?


Bereits treten wir die letzte Reiseetappe an. Der Weg führt nach

Damaskus –  Unterwegs begegnen wir Saulus, der gerade auf einem seiner Feldzüge gegen die Gläubigen von Jesus Christus war. Selbst ein feuriger Gläubiger, der noch vom alten Gottesbild überzeugt war, nämlich dass Gott in den geistigen Gefilden sich bewegt und nicht auf die Erde kommt. Aus diesem tiefen Glauben heraus verfolgte er diejenigen die in seinen Augen Gotteslästerer und Irrgläubige waren. Dann wurde er von einer gewaltigen Lichtgestalt überströmt, die ihn zutiefst erschütterte. Er erkannte, dass es Jesus Christus war, der sich ihm als geistiger Christus zeigte und sich in ihm selbst manifestierte. Für drei Tage wurde er blind und taub. Danach erwachten sein inneres Auge und sein inneres Ohr. Er sah und hörte wie Christus aus der geistigen Welt weiter wirkte. In ihm passierte eine tiefgreifende Umwandlung, eine Einweihung. Fortan hiess er Paulus.

Paulus war der erste Mensch, dem sich Christus auf übersinnliche Weise gezeigt hatte. Anders als die Apostel, die die sinnlich-menschliche Erinnerung an Jesus Christus hatten, bezeugte er seine Überzeugung aus einer rein innerlichen Erfahrung. Genau diese tiefgreifende Erfahrung machte ihn zum ersten Verkünder des geistigen Christus. Er sah ihn als Lichtgestalt und nahm ihn in sich selbst wahr. «Nicht ich, sondern Christus lebt in mir», sagte er.

Das war der entscheidende Impuls der Gotteserfahrung für die Zukunft, für heute. Die geistige Führung und Verkörperung vom Christusbewusstsein ist fortan nicht mehr im Aussen, in einem Führer zu finden, sie ist zutiefst verinnerlicht worden. Ab jetzt kann jeder den Christusimpuls in sich selbst zur Entfaltung bringen. Jeder ist frei diesen zuzulassen oder nicht.

Auch im alltäglichen Leben kennen wir die Momente, wo wir klar spüren, dass nichts und niemand mehr da ist, der uns Entscheidungen abnimmt, der uns führt. Wir sind ganz dem freien Willen überlassen und der Verantwortung, die daraus entsteht.

Wenn heute gewisse Kreise vom kommenden Messias, dem Erlöser, dem neuen Weltenlehrer sprechen, ist klar, dass nach dem Damaskus-Ereignis kein menschlicher Gottesvertreter ein zweites Mal kommen wird. Gott würde sich selbst widersprechen und ausserdem die Menschen in der alten Abhängigkeit von Meister-Schüler halten. Es braucht keine äusseren Führer/Lehrer mehr.

Folgen wir dem inneren Funken ist das einunkonventioneller Weg. Er ist beglückend, kann in seiner Konsequenz in der Aussenwelt aber auch herausfordernd oder unangenehm sein. Die innere Welt zeigt sich in der Stille, dann wenn wir taub und blind der äusseren Welt gegenüber sind. Sie zeigt sich aber auch in allen Situationen des Alltags. Schwingen die innere und die äussere Welt als eine Einheit zusammen, so fühlen wir uns zutiefst „im Fluss des Lebens“.


Reflektion: Der Pfingstfunken der Wahrheit, der Freiheit, der Liebe findet im Kleinen, im Alltag statt: Erinnere dich an ein Aha-Erlebnis, das dir eine Erkenntnis brachte; – an einen Moment wo du mutig warst und zu dir standest; – an eine Situation wo du dein Herz geöffnet hast und ein Vorurteil oder eine Meinung… verdunstet sind. Schätze diese Erfahrungen.


Meditation: Ziehe die Pfingst-Lichtflamme über deinem Kopf in dein Herz. Lass zu, dass sie grösser wird, ein Lichtfeuer sich immer mehr in deinem ganzen Körper ausbreitet und darüber hinaus. Gib ihm den Raum der für dich stimmig ist. Strahle im Pfingstlicht, ruhe in der Stille deines inneren Lichts. Strahle.